Max Hoffmann war mehr als nur ein gewiefter Automobil-Importeur, der gebürtige Wiener war ein Visionär mit einem untrüglichen Gespür für die Wünsche der US-amerikanischen Autofahrer.
Als Maximilian Edwin Hoffmann 1941 endlich in New York angekommen war, war sein Schicksal ein typisches jener Zeit. Der Sohn einer katholischen Mutter und eines jüdischen Vaters musste vor dem Nazi-Terror aus seinem Heimatland fliehen und schlug sich über Paris bis in die amerikanische Ostküsten-Metropole durch. Die Freiheitsstatue im Rücken und Manhattan im Blick folgte erst einmal ein Kassensturz. Die Taschen waren ziemlich leer. Geld musste her, und zwar schnell, also nahm der umtriebige Neuankömmling sein Schicksal selbst in die Hand und verdingte sich zunächst als Modeschmuck-Designer. Jeden Cent, den er erübrigen konnte, legte er zur Seite. Statt Bier gab es Wasser und ein einfaches Sandwich musste oft als Mittagessen reichen, Denn sein Ziel war ein anderes und das verlor Max Hoffmann nie aus den Augen: Er wollte wieder in der Automobilbranche Fuß fassen.
Die Leidenschaft für die motorisierten begleitete ihn von Kindesbeinen an. Am 12. November 1904 geboren war Hoffmann schon in jungen Jahren vom Rennvirus besessen. Sein Vater hatte zunächst Geld mit dem Bau von Nähmaschinen verdient, stellte aber dann die Produktion auf Motorräder um. Einer der eifrigsten Testfahrer war der halbwüchsige Max, der seinen Vater von den lärmenden Zweirädern überzeugt hatte, indem er DKW-Motor mit Riemenantrieb an ein Fahrrad koppelte und einfach ein paar Demonstrationsrunden drehte. Das Familienoberhaupt ließ sich überreden und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Der ehrgeizige Rennfahrer wollte natürlich seine Kräfte mit anderen messen. Also trimmte er ein AJS-Motorrad auf den Rennsport und kämpfte fast an jedem Wochenende um Siege, Doch Max Hoffmann wäre nicht Max Hoffmann, wenn er nicht schon damals den wirtschaftlichen Erfolg genauso vehement verfolgte hätte. Also gründete er mit einem Geschäftspartner die Firma Hoffmann & Huppert und machte sich auch in dieser Branche schnell einen Namen, indem er erste Volvo-Importeur in Europa wurde. Doch dann änderten sich die Zeiten, Braunhemden marschierten durch Wien und Hoffmann musste um sein Leben fürchten. Also blieb ihm nur ein Weg – das Exil in den USA. Weit weg von der Heimat in die Sicherheit.
Einmal im Big Apple Fuß gefasst und genug Erspartes in der Tasche, wollte Hoffmann wieder seine wahre Leidenschaft mit dem Geschäftlichen verbinden. Er spürte die Ressentiments gegenüber allem Deutschen und strich kurzerhand ein „n“ aus seinem Nachnamen. Aus Max Hoffmann wurde 1946 „Max Hoffman“. Damit konnten sich die amerikanischen Kunden leichter anfreunden. Schnell gründete er die „Hoffman Motor Car Company“ und bewies sofort den Sinn für das Ästhetische, das ihn als Schmuck-Designer erfolgreich gemacht hatte: Der berühmte Architekt Frank Lloyd Wright entwarf den Showroom des Autohauses auf der New Yorker Park Avenue.
Sofort war der Neu-Einsteiger in aller Munde. Die New Yorker schlossen das ansehnliche Gebäude in ihr Herz, denn nach dem Krieg wollte man sich wieder der schönen Leichtigkeit widmen. Die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs waren allerdings noch nicht ganz überwunden. Die amerikanische Wirtschaft brauchte noch etwas Erholungszeit, um wieder in den Friedensmodus zu wechseln. Trotz der harten Zeiten stellte sich Max Hoffman (so wollen wir ihn ab jetzt nennen) schon für die Zukunft auf, indem er Importeursverträge mit Jaguar, Rolls-Royce, Bentley, Austin, Cooper, Rover, Lea Francis und Morgan abschloss.
Später holte er noch Volkswagen ins Boot, doch der Verkauf des Käfers / Beetles stockte, die deutschen Manager kamen mit der bestimmenden Art des Neu-Amerikaners nur schwer zurecht und wollten den Vertrieb jenseits des Atlantiks in Eigenregie abwickeln. Also trennte man sich und Max Hoffman ließ sich ausbezahlen. Noch Jahre später erzählte man sich in Wolfsburg die Anekdoten von Hoffmans knallharte Verhandlunsführung. Auch wenn der Ausstieg für Max finanziell zunächst ein Erfolg war, bezeichnete er diesen Schritt später als eine der wenigen Fehler, die er in seinem Leben begangen hatte. Denn der Käfer entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte.
Bei einer anderen Geschäftsbeziehung hatte er ein deutlich glücklicheres Händchen. Max Hoffman holte kurzentschlossen 1950 den ersten Porsche 356 in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wie sehr sich die Ambitionen des aufstrebenden Autohändlers von denen der Zuffenhausener Sportwagen-Schmiede unterschieden, zeigt eine legendäre Begebenheit: Als Ferry Porsche bei einem Treffen erwähnte, dass er froh wäre, wenn fünf dieser Porsches in einem Jahr verkauft würden, erwiderte Hoffman trocken. „Wenn ich nicht fünf dieser Autos pro Woche verkaufe, bin ich an diesem Geschäft nicht interessiert.“ Doch Max Hoffman machte nichts ohne Kalkül. Er wusste, dass viele Amerikaner ihren Militärdienst in Europa verbracht und deswegen ein Faible für die schnellen Autos aus Stuttgart-Zuffenhausen entwickelt hatten. Zudem waren Sportwagen gerade bei den Schönen und Reichen „in“. Der Plan ging auf. Hoffmann gewann mit einem 356er im September des gleichen Jahres den Preis für das interessanteste Auto beim „Concours d'Elegance“ in Watkins Glen.
Mit dem Porsche 356 hatte der Importeur auch das richtige Gerät in der Hand, um seiner Leidenschaft zu frönen. Er schwang sich hinter das Steuer und fuhr Autorennen. Das dynamische Schaulaufen brachte den gewünschten Erfolg: Konkurrenz und Publikum waren begeistert von der Wendigkeit des leichtfüßigen Sportwagens. Porsches waren über Nacht gefragt, jeder der etwas auf sich hielt, wollte ein solches Auto besitzen. Das Geschäft brummte: Schon ein Jahr nach dem Verkaufsstart wurden 32 Autos importiert. Drei Jahre später entschieden sich fast 600 US-Amerikaner für einen Porsche. Damit ging fast ein Drittel der Produktion über den Atlantik. Hoffman nutzte seinen Erfolg, um die Zuffenhausener zu ihrem Glück zu zwingen. Bei einem Essen drängte er Ferry Porsche ein Emblem für seine Autos zu entwerfen und so eine Markenidentität zu schaffen. Der lehnte einen solchen überflüssigen Kokolores erst einmal ab, aber Hoffman ließ nicht locker, bis der Firmenchef entnervt das mittlerweile berühmte Porsche-Wappen zeichnete. Auch in die Modellpolitik griff Hoffman ein: Er verlangte vehement einen wendigen und bezahlbaren Speedster, der 3000 US-Dollar billiger war. Der Erfolg des agilen Einstiegsmodells gab ihm einmal mehr recht.
Das Geschäft und die amerikanische Wirtschaft florierte in den 1950er Jahren und Hoffman entwickelte sich zum begehrten Geschäftspartner. Sein Durchsetzungsvermögen und sein untrügliches Gespür verhalfen auch anderen Herstellern zu vorteilshaften Entscheidungen. Er überzeugte Mercedes-Benz den 300 SL zu bauen, indem er kurzerhand 1.000 Autos bestellte, bevor der schwäbische Autobauer das Projekt überhaupt gebilligt hatte. Jaguar war über dieses Engagement des Geschäftspartners „not amused“ und kündigte den Vertrag. Das kam Hoffman gerade recht, denn er wollte sich ohnehin auf Mercedes konzentrieren, nicht ohne sich von den Briten den Ausstieg teuer bezahlen zu lassen: Er ließ sich von Jaguar Tantiemen für jedes Modell zusichern, das in den nächsten Jahren seinem Einzugsgebiet verkauft werden sollte.
Von dieser Geschäftstüchtigkeit profitierten auch andere europäische Autobauer. Auf sein Drängen hin entschied sich Alfa Romeo den Giulietta Spider zu bauen und er griff sogar in Produktdetails ein. Hoffman setzte durch, dass die italienischen Autos kurbelbare Fenster, ein gutes Softtop und eine starke Heizung bekamen. Das hatten die britischen Autos nicht und so entschieden sich viele Amerikaner für die Italiener. Erfolgreiche Cabrios und Sportwagen pflasterten Max Hoffmans erfolgreichen Geschäftsweg. Ihm war klar, dass ein preisgünstiger Sportwagen mit einem guten Motor in den USA ein Erfolg würde. Immer wieder wurde er bei den BMW-Entscheidungsträgern vorstellig und drängte auf die Umsetzung seiner Idee. Potente Triebwerke hatten die Münchner im Portfolio und Albrecht Goertz entwarf die passende Karosserie dazu. Das Ergebnis war der legendäre BMW 507. BMW erkannte, dass man mit Hoffman gute Geschäfte machen konnte. Denn sein Handschlag war genauso viel Wert, wie ein Vertrag. Mitte der 60er Jahre verkaufte Max Hoffman seine anderen Händlerbetriebe und schloss eine Partnerschaft mit dem Münchener Autobauer.
Sein Einfluss wuchs und er überzeugte das Management, in den BMW 1600 eine Zweiliter-Maschine einzubauen. So entstand ein weiterer epochaler Meilenstein in der BMW-Modellgeschichte: der BMW 2002. Mitte der 1970er Jahre entschloss sich Max Hoffman dazu, sein Privatleben zu genießen. Er ließ sich von BMW ausbezahlen und zog sich aus dem Geschäft zurück. Sein Rat und seine Expertise waren aber bis zu seinem Tod 1981 nach wie vor gefragt.